Weil die Corona-Hilfen des Landes wegfallen, verringert Neumünster die Zahl der Stunden, dabei zeigt eine Studie einen gestiegenen Bedarf an Betreuung / Schulleiter warnt vor den Folgen
Seit 2012 sind an Neumünsters Schulen flächendeckend Sozialarbeiter im Einsatz. Sie unterstützen Schüler, Eltern und Lehrkräfte in Konfliktsituationen, bei persönlichen und auch familiären Krisen. Aus den Schulen sind sie nicht wegzudenken. Für die zehn reinen Grundschulen in Neumünster hat die Stadt die Sozialarbeit an die Perspektive Bildung gGmbH übertragen. Der entsprechende Vertrag läuft aus und soll jetzt neu vergeben werden. Dabei taucht ein Problem auf.
Die Pläne der Stadt sehen vor, das Volumen der Schulsozialarbeit so zu belassen, wie es das Konzept bereits für die Jahre 2015 bis 2020 sowie 2020 bis 2025 vorsah. Das heißt: zehn Teilzeitstellen mit insgesamt 211,5 Wochenstunden. Diese verteilen sich zu je 19,5 Wochenstunden auf die zehn Grundschulen. Als Brennpunktschule erhalten die Mühlenhofschule, die Johann-Hinrich-Fehrs-Schule und die Vicelinschule jeweils 5,5 Mehrstunden pro Woche. Das Geld dafür stellt zum Teil das Land zur Verfügung, einen Teil muss die Stadt aber selbst aufbringen.
Stadt kann Anteil nicht übernehmen
Angesichts der angespannten Haushaltslage fällt das schwer. Und aus diesem Grund sieht sich die Stadt auch nicht in der Lage, den Teil des Budgets zu übernehmen, der vom Land ab 2025 nicht mehr bezahlt wird. Dabei handelt es sich um jährlich 68.000 Euro, die gewährt wurden, um die besonderen Belastungen durch die Folgen der Corona-Pandemie zu mildern. „Wir gehen also auf das Vor-Corona-Niveau zurück“, sagte Stadtrat Carsten Hillgruber in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses. Dabei betonte er, dass Neumünster noch immer mehr in der Schulsozialarbeit leiste als vom Land finanziert werde – ähnlich wie im Kita-Bereich.
Das Problem ist: Der Bedarf an Schulsozialarbeit wird schon heute trotz der städtischen Mehrstunden nicht ausreichend gedeckt. Tim Posselt, Schulleiter an der Timm-Krüger-Schule, brach in der Sitzung eine Lanze für die Sozialarbeiter, von denen einige im Publikum saßen. „Wir sehen täglich, wie sie sich aufreiben“, sagte er. „Das geht einfach nicht!“ Langfristig werde es die Stadt „eine Stange Geld kosten“, wenn es nicht gelinge, den Kindern und Jugendlichen die notwendige Hilfe zu gewähren, sagte er. „Wir sind nicht mehr vor Corona.“
Hier muss Neumünster Verantwortung für seine jungen Bürger übernehmen! Auch eine Untersuchung des Deutschen Schulportals (Robert-Bosch-Stiftung) spricht von einer „großen Versorgungslücke für psychisch belastete Kinder und Jugendliche“. Die Studie kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass der Bedarf an sozialer und psychologischer Betreuung nicht ausreichend gedeckt wird: 68 Prozent der befragten Schulleiter gaben einen Mangel an, über 70 Prozent sagten, dass der Bedarf zum Vorjahr gestiegen sei.
Das Signal kam bei den Politikern in Neumünster an. Bereits zu Beginn der Beratung hatte der Ausschussvorsitzende Arend Delfs gefordert, eine Entscheidung über die Höhe der Aufwendungen für die Schulsozialarbeit zu vertagen. Er zeigte sich optimistisch, dass es gelingen könne, die fehlenden Mittel aufzutreiben, um wenigstens die coronabedingten Zusatzstunden behalten zu können.
Dem folgte die Ausschussmehrheit, entscheidend ist aber die Ratsversammlung im April. Axel Gräfke (Bürgerfraktion) begründete es deutlich: Es sei Konsens, dass weitergefördert werden müsse, andernfalls drohe „sozialer Verdriss“.